Mitte Oktober2015 erklang auf der rumänischen Baustelle der letzte Hammerschlag der Zimmerer der Theodor-Frey-Schule aus Eberbach und rief für unser Erasmusprojekt den Feierabend herbei.
Das zwei Jahre laufende Projekt im Rahmen des Bildungsprogrammes für lebenslanges Lernen ermöglicht es europäischen Auszubildenden, einen Teil Ihrer Ausbildung im Ausland zu absolvieren.
Durch unsere Partnerschaft mit dem Bezirkskonsistorium Hermannstadt bekamen 25 Auszubildende die einmalige Gelegenheit, an den Kirchenburgen in Grossau, Birthälm, Pretai und Dobrin Arbeiten zu verrichten, die sie in Deutschland höchstwahrscheinlich nicht mehr ausführen können.
Die erste, aus 10 Lehrlingen bestehende Gruppe wurde im Herbst 2014 an der Kirchenburg in Birthälm eingesetzt. Drei Teilnehmer arbeiteten mit dem ortsansässigen Handwerker Christian Rummel an der Sanierung des Glockenturmes, wo schadhafte Bauteile ausgewechselt und fachgerecht saniert wurden.
Die anderen Teilnehmer bekamen die Gelegenheit mit einer Meschener Baufirma an der Rekonstruktion eines Wehrganges zu bauen, welcher nun an der Ringmauer als Gang in den Rathausturm führt. Dabei mussten die Teilnehmer Holzverbindungen erlernen und anwenden, die zuhause nur noch in Ausnahmefällen vorwiegend in der Restauration vorkommen oder in der Berufsschule im theoretischen Unterricht im Rahmen der Ausbildung gezeigt werden. Die angedachten Arbeiten verliefen so zügig, dass zwei der Zimmerer zusammen mit rumänischen Teilnehmern der Jugendbauhütte Pretai, Podeste und Treppen in den Torturm der Kirchenburg Pretai planten und bauten.
Im Juni 2015 reiste eine zweite Gruppe, bestehend aus 8 Schülern der einjährigen Berufsfachschule nach Grossau, wo ein überdachter Aufgang für den Schulturm und wieder eine Rekonstruktion eines Wehrganges gebaut wurde. Wie schon bei der Baustelle zuvor mussten die meisten Arbeiten mit Handwerkzeugen verrichtet werden. In diesem Oktober kam nun die letzte Gruppe an, welche mit 10 Teilnehmern den Wehrgang verlängerte und in einem zünftigen Abschlussfest das Werk übergab.
Neben den tollen Arbeiten konnte alle Teilnehmer auch Vieles vom Land und den Leuten mitnehmen. An den Wochenenden wurden zahlreiche Kirchenburgen be- und untersucht. Es gab Exkursionen zu alten Scheunen und natürlich auch in das ASTRA-Freilichtmuseum, wo sich die Teilnehmer mit den rumänischen Bauweisen auseinandersetzen und so wertvolle Inhalte für Ihre Ausbildung und ihr späteres Berufsleben sammeln konnten. Professor Manfred Gerner, der führende Kopf in der Fachwerkerhaltung aus Kassel erklärte sich bereit für die Gruppe Fachvorträge zu halten und legte selbst Hand mit an, wenn es darum ging , das Neue mit dem Alten zu vereinen. Frank Rinn ein Ingenieur aus Heidelberg reiste nach Rumänien, um dort sein entwickeltes Bohrwiderstandsmessegerät zu präsentieren, welches bei der Schadensaufnahme von großem Nutzen war. In vielen Gesprächen mit den noch verbliebenen Sachsen konnten sich die Jugendlichen ein Bild vom Leben aus vergangenen und heutigen Tagen machen und sehr viel von dieser Kultur erfahren.
Die im Anschluss an das Projekt durchgeführte Befragung der Teilnehmer war durchgehend nur positiv. Es gab nicht einmal das Gefühl von Heimweh. Im Gegenteil, die Aufnahme in Rumänien war so herzlich, dass die Abreise schwerer fiel und die anfängliche Skepsis mancher Teilnehmer, sich für das Projekt zu bewerben als unnötig herausstellte. Da sich der Verlauf des Erasmus+ Projektes als so erfolgreich herausgestellt hat, versuchen wir nun für zwei weitere Jahre eine Verlängerung zu erhalten um noch mehr Auszubildenden diese einmalige Chance zu geben