Der Blick über den Tellerrand – Zwei Wochen an einer spanischen Berufsschule

Der Blick über den Tellerrand – Zwei Wochen an einer spanischen Berufsschule

Im Rahmen des Pädagogischen Austauschdienstes der Kultusministerkonferenz reiste ich am 18. Februar 2023 nach Madrid, um dort zwei Wochen lang am Instituto de Educación Secundaria (I.E.S.) in Madrid-Barajas zu hospitieren.

Die Schule, die den deutschen Berufsschulen in vielen Punkten ähnelt, sich in einigen jedoch auch unterscheidet, liegt im Norden Madrids und hat rund 1.500 SchülerInnen (SuS) und mehr als 100 LehrerInnen (LuL).

Im Gegensatz zur Theodor-Frey-Schule (TFS) gibt es am I.E.S. Barajas keine Vollzeitschulen wie z. B. die Berufsfachschule, das Berufskolleg oder die Wirtschaftsoberschule. Stattdessen lernen alle SuS einen konkreten Beruf und zwar im technischen Bereich.

Die Ausbildungen werden auf unterschiedlichen Niveaus u.a. in folgenden Bereichen angeboten:

  • Flugzeugtechnik
  • Karosseriebau
  • Motortechnik
  • Schmucktechnik
  • Heizungsbau und Schweißtechnik
  • Technik für erneuerbare Energien
  • U.a.

Die Ausbildungen sind – bis auf wenige Ausnahmen – nicht dual wie in Deutschland. Die SuS besuchen zwei Jahre lang die Schule, wo sie sowohl Theorie- als auch viel Praxisunterricht in den Werkstätten haben. Die letzten drei Monate der Ausbildung finden in einem Betrieb statt.

Anders als bei uns sind die Schuljahre zudem in Trimester und nicht in Halbjahre gegliedert. Am Ende jedes Trimesters schreiben die SuS Prüfungen, um ins nächste gelangen zu können.

Auch der Stundenplan unterscheidet sich: In Barajas haben die SuS entweder Unterricht von 8:00 bis 14:00 Uhr oder von 15:30 bis 21:30 Uhr.

Der Aufenthalt am I.E.S. war sehr interessant und lehrreich. Alle spanischen KollegInnen waren sehr nett und aufgeschlossen, haben mir alles erklärt und mir meine zahlreichen Fragen beantwortet. Ich hospitierte vor allem im Englischunterricht sowie auch im Bereich Karosserie, durfte alle Werkstätten besichtigen und gab selbst einige Stunden Deutschunterricht für interessierte KollegInnen. Außerdem nahm mich der für mich zuständige Kollege mit zu den Praktikumsbetrieben der SuS und an andere Schulen, damit ich auch dort einen Einblick bekommen und weitere spanische KollegInnen kennenlernen konnte. Und danach durfte ein typisches spanisches Mittagessen, z. B. Tortilla (Kartoffelomelette), Patatas Bravas (Kartoffeln mit einer scharfen roten Soße) und Boquerones (frittierte Sardinen), natürlich nicht fehlen!

Neben dem Unterricht blieb mir auch Zeit, um die fantastische Hauptstadt Spaniens zu besichtigen. Was ich bisher vor allem aus dem Spanischbuch kannte und meinen SuS theoretisch vermittelt hatte, konnte ich nun endlich wirklich und „live“ sehen: den wunderschönen Parque del Buen Retiro, das Museum Reina Sofía mit dem berühmten Werk „Guernica“ von Pablo Picasso, die quirligen Viertel Malasaña, Chueca, Lavapiés, den riesigen und prachtvollen Palacio Real und so vieles mehr. Madrid ist eine unfassbar spannende, lebhafte und vielfältige Stadt. Die Menschen sind immer unterwegs, am Wochenende sind die Straßencafés unabhängig von der Außentemperatur voll mit lachenden, sich laut unterhaltenden Menschengruppen, überall gibt es kleine Läden, spannende Museen, unzählige Restaurants, Bars, Cafés…

Ich bin ungemein froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Ein Aufenthalt in einem anderen Land, wo man eine Zeitlang wie die Einheimischen lebt und arbeitet, gibt einem einen völlig neuen Blick. Man ist kein Tourist, sondern lernt wirklich den Alltag der Menschen vor Ort kennen, tauscht sich aus, erweitert seinen Horizont und lernt so viel Neues – und bringt nicht zuletzt auch seine Sprachkenntnisse wieder auf Vordermann.

Ich empfehle allen, nicht nur LehrerInnen, sondern auch und vor allem SchülerInnen, ins Ausland zu gehen, wann immer ihr die Chance habt! Selbst wenn man sich am Anfang möglicherweise etwas verloren und überfordert fühlt – der Nutzen, den man dadurch hat, ist es auf jeden Fall wert und die Erfahrungen, die man auf diese Weise gewinnt, wird man nie vergessen!

¡Gracias Madrid por todo – te echaré de menos!

von Hanna Gegner

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